KAFFEERÖSTEREI

Die Brücke von Remagen nach Cuxhaven - Wir haben uns kennengelernt in einem anderen Leben im geschichtsträchtigen Remagen am Rhein, wo wir auch Lebensgeschichte ausgetauscht haben im Rahmen einer Fortbildung. Sieben Jahre haben wir an vielen Wochenenden in unseren Pausen bei Kaffee und Tee im Bahnhof Rolandseck plaudernd auf den Fluss geblickt und uns doch nie erzählt, dass wir gebürtig beide aus der gleichen Kante kommen.

Und dann, in einem neuen Jahrzehnt entdecke ich gerade mit einer Freundin die Kaffeerösterei in der Schillerstraße und starre auf eine Frau, deren Gesicht ich genau kenne und doch nicht zuordnen kann, weil sie völlig aus dem bekannten Lebenskontext gerutscht ist... Momente später sickert ihr Name in mein Bewusstsein zurück, das ist Claudia! "Was machst Du denn hier? Und was machst Du hier? Ich betreibe hier eine Kaffeerösterei, das ist mein Café, na und ich, ich bin hier geboren und ich werde bald hier leben." So oder so ähnlich lief der erste Dialog nach recherchierten 15 Jahren ab. Wir beide haben sehr volle Lebensläufe hinter uns, haben Kinder großgezogen, Geschäfte aufgezogen und begraben, Chancen genutzt und verstreichen lassen und sind nun hier ziemlich parallel an den Ursprung zurückgekehrt. Claudia ist mir voraus, sie hat ihren Lebenstraum verwirklicht und ist eine Kaffeerösterin geworden, mit eigenem Café und großer Leidenschaft. Niemand, noch nicht einmal sie selber hätte wohl je gedacht, dass ihr Leben diese Wendung nehmen würde. Ist Cuxhaven ein Ort, an dem man sich selbst verwirklichen kann, was meinen Sie?

Oft habe ich mir auf meinen Etappen durch das Arbeitsleben anhören müssen, dass dieses oder jenes an einem Ort, bei einem Projekt oder einer Veranstaltung nicht geht. Das gibt es hier nicht, das wollen die hier nicht! Das macht man hier nicht so, das versteht hier keiner, wir machen das schon immer gleich! Hätte ich das geglaubt, wäre nie aus einem alten Stadthaus ein Wohnkaufhaus geworden und es hätte nie ein Hausboot in eine Messehalle der Koelnmesse gepasst. Solche Vorannahmen zementieren Stagnation, sie verhindern Fortschritt. Man schreitet nicht voran, sondern bleibt wo man ist, um sich der Angst vor dem Neuen nicht stellen zu müssen. Im Coaching heißt es, um die Angst zu überwinden, musst man durch sie hindurch gehen. Los geht’s!

Kaffee ist also das Thema, das Claudias Leben jetzt jeden Tag bestimmt. Sie röstet, kreiert neue Mischungen und schafft rund um ihren Röster auch noch ein tolles Ambiente, in dem man all die Variationen herrlich genießen kann. Dabei ist Kaffeerösten ist nicht nur ein Handwerk, es ist eine Kunst, es braucht Leidenschaft, Sinn und viel Gespür. Genau wie beim Kochen reicht die Fähigkeit zu lesen noch lange nicht aus, um aus einem Rezept einen kulinarischen Genuss zu machen. Um zu wissen was die Bohne braucht, muss man sie lesen lernen, sie riechen, ihre Farbe deuten und ihr die Zeit und Temperatur beim Rösten geben, die sie zur ihrer wahren Excellenz bringt. Claudia und ihr Röster sind dabei ein bestens eingespieltes Team.

Ich selber habe nie den Zugang zu Kaffee gefunden, obwohl ich das Aroma von gemahlenem Kaffee sehr liebe, finde ich diesen sinnlichen Genuss beim Trinken der schwarzen Kostbarkeit nicht bestätigt. Ich bin eine bekennende Teetrinkerin und kann mich natürlich auch so bestens in das genüssliche Treiben einer „Kaffeetafel“ oder bei „Kaffee und Kuchen“ einreihen. Ich habe mich im Internet einmal durch die Statistiken und Blogs gelesen und habe festgestellt, dass wir unbestritten eine große Kaffeetrinker-Nation sind, mit 162 Liter Pro-Kopf-Konsum im Jahr soll Kaffee eindeutig das Lieblingsgetränk der Deutschen sein, und ich trage zu dieser Statistik ja wie erwähnt noch nicht einmal etwas bei. Und natürlich schafft man diese Menge nur, wenn man mehrmals täglich Kaffee trinkt, oder den ganzen Tag hindurch, so wie meine Mutter es immer tat. Damit sollen wir noch vor den Österreichern liegen, die in der Welt für ihre bezaubernden Kaffeehäuser berühmt sind und von denen gönnen sich laut einer Statistik bereits rund 57 % mehrmals täglich einen Kaffee. 

Weltweit betrachtet liegt der Tee allerdings vorne, er soll nach Wasser das meist konsumierte Getränk der Welt sein. Einen interessanten Vergleich macht das Gastro Info Portal auf seiner Website; sie wissen zu berichten, dass in 2013 weltweit eine Menge von 535,5 Mrd. Litern Tee getrunken wurde. Diese Menge, die dem zweifachen Inhalt des Tegernsees entspricht, will erst einmal geschlürft werden. Bei uns in Deutschland sind es die Ostfriesen, die das Teetrinken kultivieren und von denen sind wir in Cuxhaven bekanntlich nicht weit weg. Trank man in der restlichen Republik im Jahr 2017 pro Kopf rund 27,5 Liter des Sorten-reichen Heißgetränks, sollen die Ostfriesen es pro Person im Jahr auf rund 300 Liter bringen. Geschichtlich betrachtet soll der Kaffee zuerst in Deutschland angekommen sein. Ein Augsburger Mediziner, der 1582 durch den vorderen Orient gereist war, soll den ersten Kaffee nach Bayern mitgebracht haben. Im 17. Jahrhundert öffneten erste Kaffeehäuser in Venedig und danach in London, Wien sowie schließlich auch in Paris. Und gar nicht weit von Cuxhaven soll im Jahr 1673 das erste deutsche Kaffeehaus in Bremen seine Pforten geöffnet haben. Alte Geschichte ganz nah. Ein Jahrhundert später, Mitte des 17. Jahrhunderts, soll dann der erste Tee mit dem Schiff über Holland nach Deutschland importiert worden sein. Das erste Teehaus, Tee-Seeger, welches in Hannover steht, gibt es seit 1734 und auch heute noch. Für meinem nächsten Aufenthalt in Hannover ab sofort ein unumgänglicher Programmpunkt.

Aber genug der Ausführungen und Vergleiche an dieser Stelle. Ich möchte keine Lanze brechen für das eine oder andere Heißgetränk, ich möchte sie gemeinsam mit lieben Menschen genießen und beim Cuxhavener Kaffeeröster geht das ganz wunderbar. Denn da bekomme ich zum meinem leckeren Stück Kuchen natürlich auch einen sehr guten Tee serviert. Und ich habe schon entdeckt, dass es auch einen Spezialitäten-Laden für Tee im Cuxhavener Hafen gibt und vielleicht nehme ich Sie bei einem meiner kommenden Streifzüge dann einmal dort mit hin…